Neujahrsgruß


Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Das neue Jahr 2021 liegt mit vielen Herausforderungen vor uns. Auch das zurückliegende Jahr 2020 hatte es in sich.  Die Corona-Pandemie brach aus. Infolge dessen gab es erhebliche Einschränkungen für jeden einzelnen von uns, für viele Einkommensverluste, für einige kam es sogar zum Verlust des Arbeitsplatzes. Die Gesundheit von uns allen ist und war akut gefährdet, denn eine Pandemie macht vor einer Gemeindegrenze nicht halt.

Der Ton im Umgang der Menschen miteinander ist rauer geworden. Fast schon zur Normalität geworden ist, dass heutzutage Amts- und Mandatsträger übel beleidigt und bedroht werden. Auch mir selbst sind mehrfach beleidigende Schmähbriefe untergekommen. Ich wurde bedroht, Gegenstände sind an mein privates Wohnhaus geworfen worden. Dass gleich zu Beginn des Januars ein Mob an gewaltbereiten Menschen, aufgehetzt vom eigenen Präsidenten, sich in den USA aufmacht und den Kongress, das Parlamentsgebäude der USA erstürmen möchte, ist ein Schlag ins Gesicht von allen Demokraten.

 

Der liberale Politiker und Außenminister Walther Rathenau erklärte während der Zeitepoche der Weimarer Republik als Neujahrswunsch:

„Weniger Rede - mehr Gedanken,

weniger Interessen - mehr Gemeinsinn,

weniger Vorsatz - mehr Willen,

weniger Zwiespalt - mehr Charakter.“

 

Demokratie und Freiheit ist unser höchstes Gut. Die Vergangenheit mit dem Ende der Weimarer Republik und dem Beginn der Nazi-Herrschaft verdeutlicht nur allzu gut, wie wichtig es ist, die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. Wir brauchen eine starke demokratische Gemeinschaft. Jeder einzelne von uns ist verantwortlich für das, was in unserer Gemeinde und in unserer Gesellschaft geschieht.

 

Meinungsvielfalt und eine sachliche Streitkultur gehören zum Wesen einer Demokratie, genauso wie ein gepflegter Umgangston und das aufeinander zugehen. Ein Kompromiss ist eine Stärke und keine Schwäche.

 

Die Corona-Krise hat nicht nur im Privaten zu Einschränkungen geführt und Unternehmer in arge Bedrängnis gebracht, sondern auch in unserer Kommune zu erheblichen Mindereinnahmen geführt. Der Haushalt 2020 war ursprünglich gut ausgeglichen. Bedingt durch Corona sind allerdings Mindereinnahmen von über 300.000,- Euro zu verzeichnen. Diese wären noch viel größer gewesen. Das Land Hessen und der Bund haben uns und viele andere Kommunen mit mehreren Hunderttausend Euro geholfen. Zusätzlich konnte ich über die Funktion als Heilbäderverbands-Vorsitzender noch einmal dazu beitragen, dass weitere 200.000,- Euro als zusätzliche Einnahme für unseren Kurort generiert werden konnten.

 

Unsere Kliniken waren durch die Corona-Pandemie nicht mehr so gut belegt. In einer schwierigen Phase im Frühjahr 2020 fungierten sie als Rettungsanker für infizierte Bewohner von Altenheimen. Hier haben die Pflegerinnen und Pfleger sowie Ärztinnen und Ärzte eine herausragend gute Arbeit geleistet. Durch regelmäßige Testungen der Mitarbeiter und Besucher konnte auch im Pflegeheim der AWO ein Ausbruch verhindert werden. Wir sind der Leitung sowie auch den Altenpflegerinnen und Altenpflegern sowie Helfern sehr dankbar für ihre gute Arbeit. Nach wie vor gehört Bad Zwesten zu den drei Kommunen, in denen das Virus in der Summe wie auch pro Einwohner am geringsten gewütet hat. Wir alle haben es selbst in der Hand, dass dieser komfortable Zustand auch lange anhält. Für die Entbehrungen und Einschränkungen, die Sie als Bürgerinnen und Bürger auf sich genommen haben, darf ich Ihnen im Namen der Gremien herzlichen Dank aussprechen. Das war ein sehr vorbildliches Verhalten.

Besonders gefreut hat mich, dass wir über 50 Helferinnen und Helfer auf freiwilliger Ebene akquiriert haben, die, wenn Bürger durch die Corona-Pandemie in Not geraten und z.B. nicht mehr einkaufen können, diesen zur Seite stehen. Das ist gelebte Solidarität.

 

Trotz der wegen Corona angespannten Personalsituation mit neuen Zuständigkeiten haben wir vieles erreichen können. Nach langer Planung startete die Schwimmbad-sanierung. Die Sanierung der K 74 in Betzigerode wurde abgeschlossen, ebenso wie die Sanierung der Hauptstraße. Erfreulich war, dass hier die vorgegebenen Zeitpläne eingehalten wurden. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Sanierungs-maßnahmen tragen zur Verkehrsberuhigung bei und wertet den Ort attraktiv auf.

 

Sehr erfolgreich ist das „Rebhuhnprojekt“ angelaufen. Es ist in die Diversitätsstrategie des Landes Hessen mit der Zielsetzung eingebettet, um die Artenvielfalt zu verbessern. Die Anzahl der angesiedelten Rebhühner hat sich von 6 Paaren auf über 50 fast verzehnfacht. Wesentlich dazu beigetragen haben die örtlichen bzw. regionalen Landwirte, die viele Flächen für eine bestimmte Blühmischung zur Verfügung gestellt haben, die Jäger und verschiedene Behörden und natürlich die Koordinatorin des Projektes.

 

Sehr gut gelungen ist auch die Zusammenführung der beiden Kindergärten „Die Weltentdecker“ und „Die Wühlmäuse“ unter gemeinsamer Leitung von Hildegard Müller-Ploghaus. Die Zusammenarbeit der Einrichtungen funktioniert hervorragend. Das hohe Level der frühkindlichen Förderung ist in beiden Einrichtungen auf vergleichbarem Niveau. Inhaltlich unterschiedliche Nuancen nach den jeweiligen Stärken der Mitarbeiterinnen tragen zur Profilierung und Qualität bei.

 

Auch wenn für das neue Jahr vieles unklar ist, möchte ich dennoch einen Ausblick wagen. Wir haben eine starke Nachfrage von neuen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, aber auch innerhalb der Gemeinde nach Bauland und Mietwohnungen. Es ist eine unserer wichtigsten Aufgaben, neues Bauland an den Markt zu bringen, um Einfamilienhäuser, aber auch Mehrfamilienhäuser mit bezahlbaren Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Aktuell arbeiten wir an einem Projekt, um mehr senioren-gerechte Wohnungen anbieten zu können. Unser Wunsch ist es nach wie vor, eine Tagespflege in Bad Zwesten errichten zu können. Hierzu laufen interessante Gespräche.

 

Im Bereich Kur und Tourismus haben wir die kommunale Wander-Infrastruktur auf ein hohes Level fertiggestellt. In der ersten Hälfte des Jahres soll diese ergänzt werden um die regionale Wander-Infrastruktur. Diese soll auch ungeübte Wanderer jederzeit eine Orientierung bieten. Mit dem Projekt Wanderregion soll Wandern sozusagen auf dem „Niveau der Champions-League“ angeboten werden. Damit schaffen wir ein Alleinstellungsmerkmal und bieten den Betrieben vor Ort die Chance, Gäste besser zu bewerben. Im Anschluss streben wir an, die Radwege-Infrastruktur zu modifizieren. Dabei hilft uns, dass der Schwalmradweg-Abschnitt Niederurff bis Bischhausen finanziell durch das Land gesichert wird. Wir wünschen uns ab Niederurff bis Bad Zwesten auch eine bessere Radwege-Anbindung, an der wir im kommenden Jahr konzeptionell arbeiten werden. Nachdem die Verbindung zur Stockelache seit ein paar Jahren besteht, soll der Radweg nach Jesberg in 2021 gebaut werden. Nachdem im letzten Jahr ein paar neue Ferienwohnungen die vermarktbare Bettenzahl vergrößert hat, gehen wir in diesem Jahr die Akquise eines weiteren Hotelbetriebes an.

 

Die größte Herausforderung wird im Jahre 2021 wegen der radikal weggebrochenen Einnahmen die Sanierung des Haushalts sein. Dies wird über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren erfolgen müssen. Bereits jetzt ist abzusehen, dass viele Wünsche und bestehende Begehrlichkeiten dem Rotstift zum Opfer fallen müssen, wenn es nicht zu einer erheblichen Steuererhöhung kommen soll.

 

Nachdem wir das Rebhuhnprojekt als Modellprojekt haben etablieren können, möchten wir einen vergleichbaren Stand auch für unsere Fließgewässer erreichen. Wir haben uns erfolgreich beim Land Hessen beim Projekt „100 Wilde Bäche“ beworben. Hierbei geht es darum, die bedeutsamen Flüsse und Bäche modellhaft für andere in einen naturgerechten Zustand umzuwandeln. Sie sollen eine gute Wasserqualität aufweisen. Den Bächen soll aber auch ein breites und unberührtes Ufer und ein natürliches Bachbett zurückgegeben werden, wo das Wasser frei laufen kann.

Vor uns liegt ein herausforderndes Jahr. Ich bin überzeugt, dass nach den Worten von Walther Rathenau unser Handeln ein neues Wir-Gefühl braucht, wir mehr Gedanken und gemeinsam mehr Willen und mehr Charakter benötigen, wie Rathenau es bereits vor rd. 100 Jahren ausführte.

 

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass viele Bürgerinnen und Bürger Empathie und großes Engagement an den Tag legen, wenn es erforderlich ist. Diese äußerst positive und vorbildliche Haltung sollten wir uns alle zu eigen machen. Auf unsere eigenen Stärken können wir bauen und vertrauen. Ich bin überzeugt, wir gehen gestärkt aus der Pandemie heraus und werden neue Kraft schöpfen für eine lebenswerte Zukunft in unserer+ Gemeinde Bad Zwesten.

 

Ihr                                                                             

Michael Köhler

Bürgermeister